Es ist weithin bekannt, dass der Bau der Erlöserkirche (die ihren Namen freilich erst seit 1953 trägt) sehr eng mit der Gestalt des zweiten Pfarrers der Ev. Gemeinde Godesberg Julius Axenfeld (1834-1896) verbunden ist. Von seinem jung verstorbenen Vorgänger Johann Friedrich Schubring hatte er 1870 eine Gemeinde mit nur etwas über 100 Gliedern übernommen, die erst 1861 als seinerzeitige Filialgemeinde Bonns selbständig geworden war und sich in der 1858 von Freiherrn von Rigal erbauten Privatkapelle in der Kurfrürstenstraße zum Gottesdienst versammelte. Dass diese Gemeinde bis zum Ende der Amtszeit Axenfelds im Jahre 1895 bis auf 2000 Glieder angewachsen war (darunter hatte es nicht wenige ev. Kaufleute aus Städten wie Köln, Elberfeld und Krefeld in diese schöne Gegend am Rhein gezogen) zeigt die Notwendigkeit für einen Kirchenneubau in dieser Zeit. Pläne zum Umbau und zur Erweiterung der Rigal'schen Kapelle waren aufgegeben worden. Durchaus umstritten war die Frage nach dem geeigneten Bauplatz, der 1876/77 in der Gemarkung Rüngsdorf erworben wurde und gleichsam auf der grünen Wiese zwischen der Stadt (Godesberg) und dem Dorf (Rüngsdorf) lag. Axenfeld setzte sich mit Mut und - wie die heutige Bebauung zeigt - Weitsicht für diesen Standort ein.
In nur zweijähriger Bauzeit wurde die "neue ev. Kirche in Rüngsdorf", wie sie damals noch hieß, errichtet. Der Marburger Regierungsbaumeister Hermann Cuno erstellte die Baupläne, die vom Architekten Louis Pampel umgesetzt wurden. Am 1. Juli 1880 fand die feierliche Einweihung unter reger Beteiligung auch der katholischen Nachbargemeinde statt. Julius Axenfeld hatte das Hauptportal aufgeschlossen und die Gemeinde zog unter Strophen des Chorals "Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren" in die neuerbaute Kirche ein.
Von außen stellt sich die Kirche als zweigeschossiger Backstein-Saalbau mit vorgesetztem Turm und dreiseitiger Apsis dar, flankiert von eingeschossigen Sakristeibauten (Näheres in: D. Höroldt [Hg.], Ev. Kirchen und Gemeinden der Kirchenkreise Bonn, Bad Godesberg, An Sieg und Rhein, S. 62f. und Eva Ammermüller, Der Bau der ev. Erlöserkirche im Godesberger Villenviertel, Sonderdruck). Die Emporen sind erst 1892 hinzugefügt und wiederum 1930 in der Höhe verändert worden, ebenso sind die seitlichen Eingangsvorbauten spätere Hinzufügungen. Die Formensprache an der Außenfassade (Lisenen-gliederung, Blendnischen, Rundbogen- und Klötzchenfriese, gekuppelte Fenster) ist durch die Neuromanik bestimmt, während innen sich ein Rechteckraum von geradezu klassizistischer Strenge mit flacher Holz- balkendecke eröffnet, der durch einen Triumphbogen von der halbrunden Apsis abgegrenzt ist. Der Innenraum hat im Laufe der Jahre zahlreiche Veränderungen erfahren, die an dieser Stelle nicht näher beschrieben werden können. Die älteren Gemeindeglieder erinnern sich dabei gewiß an Taufengel nach Thorvaldsen, der nach der grundlegenden Innenrenovierung 1956 und einer sich anschließenden kleinen Odyssee seinen Platz auf dem Rüngsdorfer Friedhof gefunden hat. Die klangschöne Schuke/Potsdam-Orgel stammt aus dem Jahr 1969.
An der Baugeschichte der Erlöserkirche näher Interessierten kann auf Nachfrage ein Nachdruck der Beschreibung von Eva Ammermüller zur Verfügung gestellt werden.
Norbert Waschk, Pfr.